von Sibylla Vricic Hausmann

Wenn gar nichts mehr auf der Welt ist, Mama, was ist dann? fragt das Kind. Derweil ist meine Welt randvoll. Mit Dingen. Lebensmitteln. Menschen, die ich mit Haut und Haar liebe. Anderen Menschen, deren Art zu denken, schreiben, sein ich bewundere. Lebendig oder nicht. Auch an sie bindet mich ein höchst emotionales Band. Nicht nur, weil der Grat zwischen starker Sympathie und Schwärmerei schon immer ein schmaler war. Beim Schreiben muss ich davon ausgehen, dass meine Perspektiven und Sprachfindungen für andere relevant sind. Das kommt mir jedes Mal neu absurd vor. Was wohl in erster Linie an dem liegt, was die Welt mir spiegelt, schon als Mädchen gespiegelt hat. Ich kann damit leben. Ich kann damit leben, dass keine mir bekannte Idee eines schreibenden Menschen oder einer Mutter für mich passend ist. Ich möchte nicht auf der „Ottomane des Geniekults“ (E. Schmitter) ruhen. Alles gut, wenn sich etwas tut; ich mich als Teil eines größeren Zusammenhangs feministischer Autor*innen verstehen darf, die gegen Widerstände ihre Stimmen erheben. An neuen Traditionen des Schreibens arbeiten. Ich-Perspektiven entwickeln, Wir-Perspektiven entwickeln. Das ist keine reine Textarbeit. Es ist auch Lobbyarbeit, zum Beispiel. Es ist auch Care-Arbeit, ja. Mein zweites Kind wurde an einem Juliabend 2019 geboren. Als der Morgen schon dämmerte, fragte die Schwester mich – Sie sind Schriftstellerin, stimmt’s? Wie wird man denn sowas? – Indem man schreibt, sagte ich. Aber das ist nur die halbe Wahrheit.

Sibylla Vricic Hausmann wird im Panel 4: „Other Writers Need to Concentrate – Räume und Bedürfnisse“ dabei sein.