von Marcia Breuer

Halbwahrheiten? Wann beginnen diese, zutage zu treten, wenn es ans Kinderkriegen geht? – – Für mich war es immer klar, dass ich Kinder haben wollte. Gleichzeitig begegnete ich meiner künstlerischen Arbeit mit großer Gier und Unbedingtheit. Bedenken oder Ängste hatte ich, die ich mich bis dato nie meines Geschlechts wegen benachteiligt gefühlt hatte, keine. – – Zum Ende der 2000er-Jahre hin wurde der Begriff der „Vereinbarkeit“ mit medialer Überpräsenz gehandelt. Entsprechend fühlte ich mich mit einsetzender erster Schwangerschaft, als würde ständig über mich gesprochen und geschrieben, als könnte meine Entscheidung für Kinder nur in eine unsichere, noch nicht ausdiskutierte Zukunft führen. Jeder Zeitungsartikel im Themenfeld rückte mir auf den Leib, zeigte mit dem Finger auf mich und ging mir zu nah. – – Tatsächlich verlor ich mit den Geburten meiner Kinder, die sich mir inwendig mit großer Sicherheit als unbedingt richtig vermittelten, einen Großteil meiner beruflichen Souveränität: wie auftreten gegenüber den anderen im Kunstbetrieb? Wer ist Freund, wer Feind? Reproduktion als Irregularität, Mutterschaft als Makel? – – Und irgendwann, als sich mein Blick etwas klärte und ich von mir weg und gen System, gen bestehender Übereinkünfte und Standards schaute, empfand ich das alles als absolut politisch: gesellschaftspolitisch, kulturpolitisch, wertepolitisch, familien-, frauen- und gleichstellungspolitisch – von der einen in die andere Sphäre hineinrankend, in nicht-pandemischen wie pandemischen Zeiten.

Marcia Breuer wird im Panel 4: „Other Writers Need to Concentrate – Räume und Bedürfnisse“ dabei sein.